Pfarrkirche St. Gangolf

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Die Kirche St. Gangolf in Kluftern

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Die Kirche St. Gangolf, am Rathausplatz gelegen, markiert die historische Keimzelle Klufterns, erstmals urkundlich im Jahr 764 n. Chr. bezeugt. 764 begibt sich Theotram, der Besitzer des Hofgutes Kluftern, durch einen Schenkungsvertrag mit dem starken Kloster St. Gallen in dessen Schutz, bewirtschaftet aber weiterhin den Hof als Lehen.
Die älteste Urkunde, in der die Kapelle des Hofes erwähnt wird, stammt aus dem Jahre 1275. 1474 weihte der Konstanzer Weihbischof und Generalvikar Daniel Zehnder die Hofkapelle der Jungfrau Maria und dem hl. Gangolf.

Wer die Kirche St. Gangolf in Kluftern durch den modernen Haupteingang betritt, ist angenehm überrascht. Der Besucher erblickt links den großen Kirchenraum des sachlichen Neubaus, fertig gestellt 1974, und rechts die farbenprächtige kleine Barockkirche aus dem 17. Jahrhundert. Die Verknüpfung dieser beiden Gotteshäuser ist hervorragend gelungen.

Die neue Kirche

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Die neue Kirche mit ihrem quadratischen Grundriss hat die Form eines Zeltes - „das Zelt Gottes unter den Menschen". Die umlaufende Fensterreihe (wie ein Lichtband) erzeugt das Gefühl der Leichtigkeit, mit der sich das Zeltdach über dem Kirchenraum erhebt. Im Altarbereich sorgt indirektes Licht für eine zusätzliche Ausleuchtung, durch die der Altar hervorgehoben wird.

Die Ausstattung der neuen Kirche ist eine gelungene Mischung von modernen, abstrahierenden Bildhauerarbeiten des Schonacher Künstlers Klaus Ringwald (Tabernakel, und Apostelleuchter) und Skulpturen aus der Spätgotik und dem Barock.

Der Altarraum

Der kräftige Steinaltar mit den Reliquien des hl. Urbicus und der hl. Virginia ist ein Symbol für Jesus Christus (fünf Kreuze in der Altarplatte symbolisieren die fünf Wundmale). Er stellt die geistige Mitte der Kirche dar.

Über dem Altar hängt scheinbar frei schwebend ein großes Holz-Kruzifix (Südtirol, 15. bis 16. Jh.).

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Auf der durch eine Stufe angehobenen Altarinsel befinden sich auf der linken Seite der Tabernakel, auf dessen Vorderseite das Wasser des Lebens, links der brennende Dornbusch, rechts der Baum des Lebens, also das Leben in seiner Vielfalt und Reichhaltigkeit dargestellt ist.

Im Altarraum befinden sich zwei Heiligenfiguren: Links Johannes der Täufer, der auf den Altar hinweist. Er wurde auf dem Dachstuhl der Barockkirche gefunden und könnte aus der Werkstatt von Christoph Daniel Schenk (* um 1633 in Konstanz; † 1691 in Konstanz) stammen.
Rechts steht Christophorus, geschaffen von Holzschnitzer Wendelin Hammerer aus Egg im Bregenzer Wald im Jahre 2000.

Im Kirchenraum

Es folgen an den Wänden die Statue des hl. Gangolf - unseres Kirchenpatrons, als Ritter, sowie eine barocke Darstellung des Volksheiligen Antonius von Padua (symbolisiert durch Franziskaner Habit, Bibel und Jesuskind).
Links vom Altarraum steht eine Marienfigur, welche die Muttergottes mit dem weltlichen Attribut der Krone als Königin im Himmel darstellt. Es folgt im hinteren Teil Figur der Maria Magdalena aus dem Barock und eine Figur des hl. Laurentius.

Im Durchgang zur alten Kirche befindet sich eine spätgotische Pietà (ca. 1380), die über Jahrhunderte in einem Bildstock in der Gemeinde von der Gnade Gottes kündigte.

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Die Barockkirche

Der Bau

Die Ära der Barockkirche beginnt mit Wolfgang von Ratzenried. Er verhandelte 10 Jahre zäh mit dem bischöflichen Ordinariat in Konstanz, bis er 1626/27 per bischöflichem Dekret die Genehmigung einer eigenständigen Pfarrei für Kluftern und Efrizweiler erhielt.
Mitten im Dreißigjährigen Krieg begann der Ratzenrieder 1626 mit dem Bau der Kirche, der Ende 1627 unter teilweiser Verwendung der alten Kapellenmauern vollendet wurde. Die Kluftinger Bürger leisteten wertvolle Handarbeit beim Kirchenneubau. Wolfgang von Ratzenried schrieb: „ dass sie ihren armen Schwaiß, harte Mühe und Arbeit unverdrossen dargespannt hätten“.

Geschaffen wurde ein einschiffiges Langhaus mit fünfseitigem Chor und einem auf der Südseite ein wenig ins Langhaus eingerückten Turm.

Wolfgang von Ratzenried starb völlig verarmt am 15. November 1636 in seinem Schloss in Efrizweiler und wurde in der St. Gangolf Kirche beigesetzt. Links neben dem barocken Hochaltar befindet sich sein sehenswertes Steinepitaph. Rechts unten eingemeißelt sind zwei Prunkhelme und das geviertelte Wappen der Ratzenrieder mit den drei Hunden. Die Linie von Ratzenried ging im 14. Jahrhundert aus dem Ravensburger Kaufmannsgeschlecht der Humpis (Hundbiss) hervor, das in seinem Wappen drei weiße Hunde führt.

Der Chorraum

Vom Schiff blickt man durch einen Rundbogen zum Chor und auf den barocken Hochaltar. Er stammt aus der 1818 abgebrochenen Pfarrkirche St. Maria in Altdorf (Weingarten). Er konnte von der ehemaligen Mutterkirche Bermatingen erworben werden.

Nach seiner Renovation hat der Taufstein, der möglicherweise schon 1627 Teil der Erstausstattung der Kirche war, einen würdigen Platz mitten im Chor gefunden.

Links oben auf einem Sims stehend befinden sich vier Statuetten (von links nach rechts die Heiligen Wendelin (mit der Kuh), Ritter Gangolf, Patron dieser Kirche, Augustinus (mit dem Herz) und Dominikus (mit der Weltkugel)), um 1750 von Dominikus Hermenegild Herberger, Immenstaad, geschaffen. Das große Tafelbild daneben überdeckt die vermauerte Öffnung der ehemaligen Herrschaftsloge.

Die farbigen Fenster von Lütz & Elmpt, Glasmalerei Konstanz, mit dem hl. Laurentius (linke Chorseite) und hl. Gangolf (rechte Chorseite) wurden 1904 von Bürgern aus Kluftern, Efrizweiler und Lipbach gespendet.

Das Langhaus

Im Langhaus zieht die reich ausgestattete, in kräftigen Farben glänzende Rokoko-Kanzel aus dem frühen 18. Jh. die Blicke auf sich. Sie stammt aus dem 1792 aufgehobenen Kloster der Franziskanerinnen in Weppach oberhalb von Bermatingen und wurde 1822 erworben.

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Der rechte Seitenaltar ist dem Kirchenpatron St. Gangolf gewidmet. Das St.-Gangolf-Gemälde (18. Jh.) zeigt unten rechts die alte Klufterner Kirche mit Zwiebelturm und dem 1851 aufgelassenen Friedhof.

Das Kruzifix an der Südwand wurde vermutlich 1648 gestiftet. Links unter dem Kreuz sehen wir eine Figur der Mutter Maria, weinend mit einem Tüchlein, rechts den Apostel Johannes.

Im hinteren Bereich der Kirche befindet sich ein Kreuzweg von 1905 im Stil der Neu-Renaissance aus der Werkstatt des Holzschnitzers Ferdinand Perathoner aus St. Ulrich im Grödnertal/Südtirol.


Quellen

„Die Kirche St. Gangolf in Kluftern“ (Kirchenführer), Verlag Josef Fink, 2009, ISBN 978-3-89870-556-1, Herausgeber: Arbeitskreis Heimatgeschichte Kluftern e.V., Verfasser: Bernd Caesar und Klaus Wessenberg
Fotos: entsprechend ihrer Reihenfolge im Text
1. Foto: Bernd Caesar;  alle anderen Fotos:  Fotograf Erwin Reiter, Haslach