Diessenhofen

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Diessenhofen ist eine Kleinstadt und eine Gemeinde im Bezirk Frauenfeld des Kantons Thurgau in der Schweiz. Die seit 2000 bestehende politische Gemeinde umfasst die ehemalige Munizipalgemeinde Diessenhofen mit deren Ortsgemeinden Diessenhofen und Willisdorf. Von 1798 bis 2010 war Diessenhofen Hauptort des damaligen gleichnamigen Bezirks.

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Geographie

Das Städtchen Diessenhofen liegt am Südufer des Hochrheins an der Strasse Schaffhausen–Stein am Rhein und zeigt sich in seiner ursprünglichen, mittelalterlichen Struktur, die bis heute erhalten ist. Bei der Schifflände mündet der Geisslibach in den Rhein. Das Gemeindegebiet mit dem Brücken- und Grenzstädtchen Diessenhofen erstreckt sich über rund 8 km am südlichen Ufer des Rheins zwischen Schaffhausen und Stein am Rhein. Der Hochrhein bildet die Grenze zwischen Deutschland und der Schweiz.

Diessenhofen hat einen Bahnhof an der Bahnlinie Schaffhausen–Kreuzlingen.

Geschichte

Die Ursprünge der Ansiedlung reichen bis in die Stein- und Bronzezeit, wie Einzelfunde in den flachen Senken des Bezirks und an den Rheinufern belegen. Ein Münzschatz aus römischer Zeit wird auf die Zeit von 251 bis 270 datiert. Aus dem 4. Jahrhundert stammen Überreste dreier Wachttürme des Donau-Iller-Rhein-Limes.

Weltliche Herrschaft

Das Lager der Eidgenossen vor den Toren der Stadt Diessenhofen im Jahr 1460. Illustration aus der Zürcher Chronik.


Die älteste erhaltene urkundliche Erwähnung als alemannische Siedlung Deozincova stammt aus dem Jahr 757. Priester Lazarus schenkte damals dem Kloster St. Gallen seinen Weiler Deozincova. 839 hiess es Theozinhovun, was mit «bei den Höfen des Die(o)zzo» übersetzt werden kann.

Diessenhofen wurde durch Graf Hartmann III. von Kyburg 1178 mit 60 Hofstätten zur Stadt erhoben.[1] Die Stadtrechte wurden in der 1260 verliehenen Handfeste bestätigt und erweitert.[2] Im 13. Jahrhundert erschien dann erstmals der Name Diessinhovin. In dieser Zeit haben die Kyburger in Diessenhofen auch Münzen geprägt: einen rechteckigen Kyburger Pfennig mit Kopf und Umschrift «DIONI-SIVS» (Stadtheiliger der Stadtkirche St. Dionys).[3]

Im Vergleich zu Schaffhausen und Stein am Rhein blieb Diessenhofen ein bescheidener Marktort. Nach dem Übergang der Herrschaft an die Habsburger 1264 entwickelte sich die Stadt zu einem ihrer Eckpfeiler in den Vorlanden, wobei die Truchsessen von Diessenhofen, die auf der Burg Unterhof sassen, zeitweilig Vogtei und Schultheissenamt in einer Hand vereinigten. Ab 1320 wählte die Bürgerschaft einen Kleinen Rat von 8 bis 12 Mitgliedern, im Verlauf des 15. Jahrhunderts dann einen 24- bis 28-köpfigen Grossen Rat. Nachdem der Herzog von Österreich 1349 die Vogtei aus der Pfandschaft der Truchsessen gelöst und an andere Ministerialengeschlechter vergeben hatte, gewann die Bürgerschaft zunehmend an Bedeutung. Der Einflussverlust der Habsburger und der Niedergang der Truchsessen liessen die Stadt 1415 bis 1442 reichsfrei werden.

Die Stadt Diessenhofen um 1643
Grenzwachtposten kontrolliert den Grenzverkehr an der Brücke Diessen­hofen, Kompanie III/65, 1914–1918

1460 wurde Diessenhofen im Zuge der Eroberung des Thurgaus von den Eidgenossen nach zehntägiger Belagerung eingenommen; es behielt jedoch wie Frauenfeld gewisse Privilegien in der gemeinen Herrschaft Thurgau. Diese umfassten die Hoch- und Niedergerichtsbarkeit und die kurz zuvor erworbenen Zoll-, Steuer- und Vogteirechte mit dem Schloss, ab 1574 zudem die Herrschaft über die linksrheinischen Besitzungen des Klosters Paradies sowie vom 16. Jahrhundert an die meisten Niedergerichte im Gebiet des späteren Bezirks Diessenhofen. Gerichtsurteile wurden nicht an den Landvogt in Frauenfeld, sondern direkt an die eidgenössischen Instanzen der neun Orte weitergezogen; die Stadt hatte lediglich alle zwei Jahre dem thurgauischen Landvogt zu huldigen, wenn dieser bei Amtsantritt die Lehen feierlich erneuerte. Im Jahr 1512 erhielt die Stadt von Papst Julius II. eigens einen wertvollen «Juliusbanner» für die 1508–1510 im «Grossen Pavier Feldzug» geleisteten Dienste zur Vertreibung der Franzosen.[4]

In der Zeit der Helvetischen Republik wurde der Bezirk Diessenhofen 1798 dem Kanton Schaffhausen angegliedert. Bereits 1800 kam der Bezirk definitiv zum Kanton Thurgau.

Als Grenzort war das Städtchen Diessenhofen wiederholt von Kampfhandlungen betroffen, insbesondere während des Zweiten Koalitionskriegs (1799–1801) und des Zweiten Weltkriegs, als jeweils die 1292 erstmals erwähnte Holzbrücke über den Rhein schwer beschädigt wurde. Nach 1900 entwickelte sich die kleinstädtische Siedlung unter Wahrung der mittelalterlichen Bausubstanz entlang neuer Strassenachsen weiter, vor allem gegen Süden zum 1894 eröffneten Bahnhof. Diessenhofen bildet heute als grösster Ort des früheren Bezirks als Sitz von Oberstufenschule und als Zentrum der regionalen Konsumgüterversorgung dessen Schwerpunkt und ist seinerseits verkehrsgeografisch und wirtschaftlich auf das nahe gelegene Schaffhausen ausgerichtet.

Im Jahr 2000 fusionierte im Zuge der Thurgauer Gemeindereorganisation die Ortsgemeinde Willisdorf mit der Orts- und Munizipalgemeinde Diessenhofen.<ref>Mutation Nr. 47 des Amtlichen Gemeindeverzeichnisses der Schweiz, 1986.

Literatur

  • Armand Baeriswyl, Marina Junges: Der Unterhof in Diessenhofen. Von der Adelsburg zum Ausbildungszentrum (= Archäologie im Thurgau. Band 3). Frauenfeld 1995, ISBN 3-905405-02-4 (archaeologie.tg.ch PDF-Download).
  • Heinrich Waldvogel: Diessenhofen (= Schweizer Heimatbücher. Nr. 84). Mit Fotografien von Hans Baumgartner. Paul Haupt, Bern 1958.
  • Alfons Raimann: Die Kunstdenkmäler des Kantons Thurgau, Band V: Der Bezirk Diessenhofen (= Die Kunstdenkmäler der Schweiz. Band 85). Hrsg. von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK. Bern 1992, ISBN 3-909158-73-0, S. 33–228 (Digitalisat).
  • Alfons Raimann: Diessenhofen TG (= Schweizerische Kunstführer. Nr. 380). Hrsg. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK. Bern 1985.
  • Christine Kolitzus-Hanhart, Fritz Franz Vogel: Rotfarb und Zeugdruck in Diessenhofen. edition ABCDEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZ, Diessenhofen 2016, ISBN 978-3-03858-701-9.
  • Peter Niederhäuser (Hrsg.): Die Grafen von Kyburg, eine Adelsgeschichte mit Brüchen. Chronos-Verlag, Zürich 2015, ISBN 978-3-0340-1271-3 (Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich, Band 82 = Neujahrsblatt 179).

Weblinks


Dieser Artikel basiert (teilweise) auf dem Artikel „Diessenhofen“ aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz CC-BY-SA 3.0.

  1. Ernst Theodor Gaupp: Deutsche Stadtrechte des Mittelalters, mit rechtsgeschichtlichen Erläuterungen. Zweiter Band, Breslau 1852, S. 274. online.
  2. Heinrich Gottfried Philipp Gengler: Regesten und Urkunden zur Verfassungs- und Rechtsgeschichte der deutschen Städte im Mittelalter. Erlangen 1863. S. 760–771.
  3. Benedikt Zäch: Die kyburgische Münzprägung in der Münzlandschaft des 12. und 13. Jahrhunderts. In: Peter Niderhäuser (Hrsg.): Die Grafen von Kyburg, eine Adelsgeschichte mit Brüchen (= Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich. Band 82 = Neujahrsblatt 179). Chronos-Verlag, Zürich 2015, ISBN 978-3-0340-1271-3, S. 82–93, mit Abb.
  4. Winfried Hecht: Das Juliusbanner des zugewandten Ortes Rottweil. In: Der Geschichtsfreund: Mitteilungen des Historischen Vereins Zentralschweiz. 126/7 (1973/4). doi:10.5169/seals-118647